Samstag, 15. Januar 2011

Ein weißer Fleck weniger

Ihr kennt das bestimmt auch. Immer wieder wird in eurem Umfeld ein Film erwähnt, der ja soo legendär ist, ein Meilenstein in der Filmgeschichte und so weiter und so fort. Andere stimmen zu oder haben eine andere Meinung zu diesem Film, aber Fakt scheint zu sein: ALLE kennen diesen Film – nur ihr nicht.

Auf meiner inneren Landkarte der Filmgeschichte bilden solche Filme weiße Flecken, unbekanntes Gebiet, das entdeckt werden möchte. Wenn ich sie also gezielt anschaue, heißt das nicht, dass ich einen „Kanon“ abarbeite, denn von so etwas halte ich nicht viel. Es geht darum, eine gewisse Neugierde zu befriedigen – ist wirklich so viel an dem Film dran, wie alle immer behaupten? Warum ist dieser Film denn so berühmt?

Vor ein paar Tagen nun habe ich einen solchen Film gesehen, es handelt sich um Apocalypse Now. Ein Grund mehr für mich ihn sehen zu wollen war, dass er zur Ära des New Hollywood zählt, für die ich mich momentan besonders interessiere. (Für alle, die mehr über diese Filmepoche wissen wollen: Hier geht’s zum Eintrag bei Wikipedia, dort findet ihr auch eine nette Liste mit allen wichtigen Filmen dieser Ära, deren Namen euch größtenteils vertraut sein werden, denn es sind  Klassiker wie Bonnie und Clyde, Easy Rider und Der Pate dabei.)

So, genug der Einleitung.
Apocalypse Now ist ein Antikriegsfilm von Francis Ford Coppola aus dem Jahr 1979. Und er ist von wahrhaft epischer Länge: Die Kinofassung dauert 153 Minuten, ich habe mir aber den Director’s Cut reingezogen, der stolze 202 Minuten umfasst.

Amerika befindet sich im Vietnamkrieg. Man lernt den Protagonisten Captain Willard als kriegsmüden, depressiven Veteranen kennen, der in Saigon in einer kleinen Wohnung vor sich hin vegetiert, auf seinen nächsten Einsatz wartend und ihn gleichzeitig fürchtend. Während seines kurzen Aufenthalts zu Hause hat er der Scheidung zugestimmt, so dass er nun keine Heimat hat, zu der er nach dem Krieg zurückkehren könnte.

Doch sein nächster Einsatz kommt und er wird mit einer Mission betraut, die es in sich hat. Ein Colonel der amerikanischen Armee, ein hoch dekorierter und gebildeter Mann, hat sich hinter die Grenze nach Kambodscha begeben und dort ein kleines Reich aufgebaut, über das er gnadenlos waltet. Da er immer noch offiziell Mitglied der Armee ist, aber als völlig verrückt und gefährlich gilt, soll Willard ihn töten. Doch die Grenze nach Kambodscha ist weit entfernt und so wird Willard ein kleines Schiff gegeben mit einer vier Mann starken Truppe, die ihn dorthin bringen soll.

Soweit die Rahmenhandlung. Die Fahrt zu Colonel Kurtz macht etwa zwei Drittel des Films aus, in denen Willard viele verschiedene Episoden erlebt, kleine Geschichten in einer großen Geschichte. Der Krieg in all seinen Schrecken wird von verschiedenen Seiten beleuchtet und offenbart die widersprüchliche Natur des Menschen: Unvorstellbare Grausamkeiten werden begangen, Belanglosigkeiten werden zum Lebenszweck erklärt, Todesangst lässt zum Mörder werden, ein Hundebaby erweckt mehr Mitgefühl als ein Vietnamese. Mittendrin Willard, dessen Mission fast unmerklich einen immer wichtigeren Stellenwert einnimmt, weil er sich dem Colonel innerlich verbunden fühlt, obgleich er ihn töten soll: Beide haben zu viel gesehen, zu viel erlebt, mit dem Unterschied, dass der Colonel sich in die Verrücktheit geflüchtet hat und Willard gezwungen ist zu handeln...

Apocalypse Now ist ein erschreckender Film, der auch erschrecken soll. Filmisch ist er großartig gemacht, mit tollen Farben, deren Schönheit einen beunruhigenden Kontrast zum Inhalt darstellt. Obgleich es um den Vietnamkrieg im Speziellen geht, ist der Film ein Statement zum Krieg allgemein – was Krieg mit  Menschen anrichtet und wozu er sie werden lässt.

4 Kommentare:

puetca hat gesagt…

Ich habe einen Film-Wunsch, naja, eigentlich zwei. Ich weiß nur nicht, ob die überhaupt in die Schublade der Filme fallen, die du beurteilst. Der erste wäre Die Brücke nach Terabitia ;) und der zweite Ich bin Sam mit Sean Penn. Gerade Ich bin Sam finde ich eine großartige schauspielerische Glanz-Leistung, wüsste gerne, ob du das auch so siehst.
Liebe Grüße
Carolin

Zeitrutsch hat gesagt…

Hey Carolin,
wird gemacht! Freue mich doch, wenn so ein Blog keine einseitige Sache ist, sondern die Leser auch etwas beisteuern. Muss allerdings beide Filme erst noch anschauen. Bei der "Brücke nach Terabitia" ist es schon so lange her, dass ich nicht mehr alles präsent habe und "Ich bin Sam" kenne ich bisher nur dem Namen nach.
Kann also noch ein Weilchen dauern, aber ich bin dran :).

Anonym hat gesagt…

Es ist lange her, dass ich Apocalypse Now gesehen habe. Jezt will ich ihn nochmal sehen. Vielen Dank

Sarah hat gesagt…

Auf unser Gespräch von gestern bezogen: Du hast doch eine Menge Ansätze für einen "zweiten Teil" in deinem Text. Nur zur Anregung ein paar Fragen: Handelt es sich wirklich um einen Anti-Kriegsfilm oder um einen Kriegsfilm (von wegen "beruhigender Kontrast zum Inhalt": Wird Krieg nicht eher verherrlicht?)? Sind die 202 Minuten Länge angemessen, oder ist das zu lang? Kannst du Verbindungen zu anderen New Hollywood-Filmen feststellen? Welche Szene ist dir im Nachhinein besonders im Gedächtnis geblieben und warum? Was macht den Film immernoch aktuell (die Kriege haben sich geändert und die Gesellschaft hat sich - hoffentlich oder leider - geändert)?

Das soll keine Kritik an deiner Kritik sein - deine Meinung interessiert mich. Es ist schon eine Weile her, dass ich den Film gesehen habe und ich weiß immernoch nicht wirklich, wie ich ihn zu fassen bekommen soll.

Wenn ich das nächste mal am "ersten Teil" einer Kritik verzweifle melde ich mich bei dir:-)!
Sich über deinen Blog freuende Grüße,
Sarah